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Unser Team aus erfahrenen Anwälten steht Ihnen zur Seite, um Sie in allen Fragen rund um die Themen Nachlass, Testament, Erbfolge und weiteren erbrechtlichen Angelegenheiten zu beraten und zu vertreten.
Erbrechtliche Beratung für Unternehmen:
- Rechtliche Beratung zu Unternehmensnachfolgekonzepten
- Güterstand, Ehevertrag, lebzeitige Zuwendungen, Testament, Pflichtteil
- Unternehmensbewertung in Zusammenarbeit mit unseren Steuerberatern
Erbrechtliche Beratung für Privatpersonen:
- Gestaltung von Testamenten und Vorsorgevollmachten
- Feststellung der Erbenstellung und des Erbteils
- Unterstützung bei Erbstreitigkeiten
- Pflichtteilsansprüche
- Testamentsvollstreckung
- Auskunftsansprüche
- Erbauseinandersetzung
- Durchsetzung und Abwehr von Ansprüchen aus einer Erbschaft
- Erbscheinverfahren
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Anfechtung erfolglos: Erbschaftsausschlagung hat bei unbeachtlichem Motivirrtum Bestand
Die Erbschaft geht auf den Erben kraft Gesetzes über. Will ein Erbe dies verhindern, besteht die Möglichkeit, sie auszuschlagen. Ist die Ausschlagung erfolgt, kann sie nur in sehr engen Grenzen angefochten werden, beispielsweise wenn der Ausschlagende sich bezüglich einer Überschuldung geirrt hat. Eine solche Konstellation war auch Gegenstand einer Entscheidung des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG).
Der Erblasser war im August 2021 verstorben. Unmittelbar nach dem Tod schlugen mehrere Kinder sowie weitere Abkömmlinge des Erblassers die Erbschaft aus. Die Tochter des Erblassers begründete dies unter Berufung auf "Schulden/private Gründe". Einen Monat nach der Ausschlagungserklärung erklärte sie jedoch die Anfechtung der Ausschlagung und begründete diese damit, dass sie irrtümlich von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen sei. Diese Annahme habe sie aufgrund einer Äußerung ihres Bruders getroffen, wonach der Erblasser kein Vermögen hinterlassen habe. Erst später habe sie durch eigene Recherchen festgestellt, dass der Erblasser bis zu seinem Tod in einem eigenen Haus gelebt habe.
In dem folgenden Erbscheinsverfahren stellte das OLG fest, dass die Tochter keine wirksame Anfechtung ihrer Ausschlagungserklärung abgegeben hatte. Voraussetzung für eine solche Anfechtungserklärung ist ein beachtlicher Irrtum - beispielsweise aufgrund einer unrichtigen Vorstellung über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses. Diese Fehlvorstellung muss aber auf für den Erklärenden zugänglichen Informationen beruhen. Eine bloße spekulative Einschätzung oder eine pauschale Befürchtung, der Nachlass könne überschuldet sein, reiche hierfür nicht aus. Die Tochter habe nicht aufgrund von konkreten Aussagen oder überprüfbaren Tatsachen die Ausschlagung der Erbschaft erklärt, sondern vielmehr aufgrund von vagen Annahmen bzw. pauschalen Vermutungen die Erklärung abgegeben. Dies sei als Grundannahme für einen Irrtum im rechtlichen Sinn nicht ausreichend.
Hinweis: Sowohl vor Erklärung einer Ausschlagung als auch vor der Erklärung einer Anfechtung dieser Ausschlagung müssen ernsthafte Bemühungen unternommen werden, den tatsächlichen Bestand des Nachlasses zu ermitteln.
Quelle: Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschl. v. 07.03.2025 - 8 W 20/24
EU-Erbrechtsverordnung: Ohne Anerkennungsverfahren keine Bescheinigung
Die zunehmende Mobilität der Menschen innerhalb der Europäischen Union (EU) bringt auch im Erbrecht komplexe grenzüberschreitende Sachverhalte mit sich. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die das internationale Erbrecht innerhalb der EU vereinheitlichen und erleichtern soll. Dass damit nicht alle formalen Verfahrensweisen obsolet werden, musste der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich bestätigen.
Die Erblasserin war sowohl polnische als auch deutsche Staatsangehörige mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und hinterließ zwei Söhne als gesetzliche Erben. Das Nachlassgericht stellte auf Antrag die erbrechtlichen Voraussetzungen fest und erteilte im März 2022 einen gemeinschaftlichen Erbschein, wonach beide Söhne jeweils zur Hälfte Erben wurden. Zum Nachlass gehörte auch ein Grundstück in Polen, das zwischenzeitlich verkauft wurde. Um diesen Verkauf im polnischen Grundbuch wirksam zu dokumentieren, beantragte ein Erbe beim Nachlassgericht die Erteilung einer Bescheinigung nach der EuErbVO, um die Wirkungen und die Bestandskraft des deutschen Erbscheins im polnischen Recht zu belegen. Dabei war zu klären, ob ein deutscher Erbschein durch eine solche Bescheinigung für Zwecke des polnischen Grundbuchverfahrens erteilt werden kann - und zwar, ohne dass ein förmliches Anerkennungsverfahren nach der EuErbVO geführt werden muss.
Die EuErbVO regelt auch die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Erbsachen sowie die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Einer Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist und in einem anderen anerkannt oder vollstreckt werden soll, ist eine bestimmte Bescheinigung beizufügen. Diese soll unter anderem die Voraussetzungen und die Art der Entscheidung bestätigen und damit das Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat erleichtern. Strittig war allerdings, ob und wann diese Bescheinigung auch für deutsche Erbscheine ausgestellt werden kann, insbesondere wenn - wie hier - keine formelle Anerkennung, sondern lediglich ein praktischer Nachweis gegenüber einem ausländischen Grundbuchgericht beabsichtigt ist.
Der BGH bestätigte die ablehnenden Entscheidungen der Vorinstanzen und stellte fest, dass ohne ein Anerkennungsverfahren keine Verpflichtung besteht, eine Bescheinigung zu erteilen. Der Antragsteller beabsichtige lediglich, mit der Bescheinigung die Wirkungen eines deutschen Erbscheins im polnischen Grundbuch zu dokumentieren. Die Ausstellung einer solchen Bescheinigung setzt aber ein konkretes gerichtliches Verfahren voraus, in dem die Entscheidung nach den Bestimmungen der EuErbVO anerkannt oder für vollstreckbar erklärt werden soll.
Hinweis: Mit seiner Entscheidung bestätigt der BGH die enge Zweckbindung der Bescheinigung (Art. 46 Abs. 3 Buchst. b EuErbVO). Diese dient ausschließlich der rechtlichen Anerkennung oder Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in grenzüberschreitenden Fällen.
Quelle: BGH, Beschl. v. 19.03.2025 - IV ZB 19/24
Gesamtwürdigung aller Umstände: Zuständigkeit des Nachlassgerichts bei Aufenthalt des Erblassers im Hospiz
Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts orientiert sich am gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Todeszeitpunkt. Im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) ging es um die konkrete Frage, ob der Aufenthalt eines Erblassers in einem Hospiz seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründen könne, obwohl seine nach wie vor vorhandene Wohnung erst nach seinem Tod aufgelöst wurde.
Der im Jahr 2022 verstorbene ledige und kinderlose Erblasser lebte seit zehn Jahren in einer eigenen Wohnung, die auch erst nach seinem Tod aufgelöst wurde. Etwa drei Monate vor seinem Tod wurde der Erblasser auf eigenen Wunsch hin von einem Krankenhaus in ein Hospiz verlegt. Aus seinem Antrag auf stationäre Hospizpflege ging hervor, dass sowohl seine Eltern als auch seine Lebensgefährtin in dem Ort lebten, in dem sich auch das Hospiz befand. Die Verlegung erfolgte mit ausdrücklicher Begründung einer psychosozialen Begleitung durch die Angehörigen. Nach dem Tod des Mannes leitete das zunächst angerufene Nachlassgericht des ursprünglichen Wohnorts des Erblassers das Verfahren zuständigkeitshalber an das zuständige Nachlassgericht weiter, das in dem Gebiet des Hospizes lag. Von dort aus wurde schließlich auch ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt. In der Folge entstand jedoch ein Streit über die Frage, ob der Erbschein vom zuständigen Gericht erteilt wurde, und falls nicht, ob er wegen Unrichtigkeit einzuziehen sei.
Das OLG stellte bei seiner Entscheidung über den gewöhnlichen Aufenthalt die Lebensumstände des Erblassers in den letzten Jahren sowie im Zeitpunkt seines Todes in den Fokus. Für die Bewertung eines gewöhnlichen Aufenthalts spielen unter anderem die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts, die persönliche Bindung, Gründe für den Aufenthalt, ein subjektiver Aufenthaltswille und das soziale und kulturelle Umfeld eine entscheidende Rolle. Das Gericht stellte klar, dass es für die Beantwortung der Frage nach einem gewöhnlichen Aufenthalt keine bestimmte Mindestdauer gebe. Bedeutsamer sei die Intensität der sozialen Einbindung in das Umfeld. Bei einer Unterbringung in einem Hospiz sei es so, dass der bloße Wechsel nicht automatisch einen gewöhnlichen Aufenthalt begründe. Entscheidend sei vielmehr die Gesamtwürdigung aller Umstände, wobei hier insbesondere eine Rolle spielte, dass der Erblasser sich bewusst für ein Hospiz in der Nähe seiner Eltern entschieden habe und sein Wunsch durch die Begleitung durch Angehörige dokumentiert sei. Das Hospiz lag zudem im Herkunftsort des Erblassers, was für eine Rückkehr zu einem vertrauten sozialen Umfeld sprach. Der Umstand, dass die eigene Wohnung nicht aufgelöst worden sei, ist daher nicht entscheidend, da es keinen Hinweis gegeben habe, dass der Erblasser eine Rückkehr nach dorthin in Erwägung gezogen habe.
Hinweis: Eine nur vorübergehende Unterbringung in einem Krankenhaus führt in der Regel nicht zu einer Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 17.03.2025 - 3 Wx 65/24
Vertragsmäßige Verfügung: Folgen der Erbeinsetzung der Stieftochter nach Scheidung der Ehe
Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) hatte sich im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbeinsetzung, die im Vorfeld einer Eheschließung zugunsten der Stieftochter des Erblassers getroffen wurde, auch nach der Scheidung der Ehe noch Bestand hat.
Der im Jahr 2023 verstorbene Erblasser war geschieden und kinderlos. Im Jahr 1990 hatte er vor einer damals beabsichtigten Eheschließung mit seiner späteren Ehefrau einen notariellen Ehe- und Erbvertrag abgeschlossen und in diesem Vertrag die Tochter seiner zukünftigen Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Der Erblasser behielt sich in der Urkunde ein jederzeitiges Rücktrittsrecht vom Erbvertrag vor. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden - von seinem vertraglichen Rücktrittsrecht hat der Erblasser dennoch keinen Gebrauch gemacht. Die Stieftochter des Erblassers war nach dessen Tod daher auch der Ansicht, dass die Erbeinsetzung nach wie vor gültig sei, und trat einem Erbscheinsantrag einer gesetzlichen Erbin damit entgegen.
Nachdem das Nachlassgericht der Ansicht war, dass die Erbeinsetzung noch Gültigkeit habe, hob das OLG diese Entscheidung auf. Für das OLG war zunächst entscheidend, dass es sich bei der notariellen Vereinbarung um eine "vertragsmäßige Verfügung" gehandelt habe. Hieraus ergebe sich eine gegenseitige Bindung der Vertragsparteien. Für derartige vertragsgemäße Zuwendungen gelten dann in der Konsequenz aber auch die Vorschriften über die Unwirksamkeit von letztwilligen Verfügungen bei Auflösung der Ehe. Die Scheidung des Erblassers hatte daher zur Konsequenz, dass auch die Einsetzung der Stieftochter als Alleinerbin unwirksam geworden ist.
Hinweis: Eine Unwirksamkeit der Verfügung liegt nicht vor, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch im Fall der Unwirksamkeit getroffen hätte. Hierfür bedarf es aber konkreter Feststellungen zum Willen des Erblassers.
Quelle: Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.03.2025 - 8 W 19/24
Fristversäumnis oder nicht? Wann die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen bei ungeklärter Vaterschaft beginnt
Pflichtteilsansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat. Auf welchen Zeitpunkt für eine Verjährung in den Fällen abzustellen ist, in denen ein Abkömmling erst nach dem Tod des Erblassers Kenntnis von der Abstammung erhält, beschäftigte vor kurzem den Bundesgerichtshof (BGH).
Die Klägerin in dem Verfahren war die nichteheliche Tochter des im Jahr 2017 verstorbenen Erblassers. Dieser hatte in einem notariellen Testament seinen eingetragenen Lebenspartner zum Alleinerben bestimmt. Die Klägerin, die im Jahr 2017 vom Tod des Erblassers erfahren hatte, leitete im Mai 2022 ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren ein, das noch im selbenJahr mit der Feststellung endete, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Im Anschluss verlangte sie von dem Erben Auskunft über den Nachlass zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen. Der Erbe war jedoch der Ansicht, dass die Ansprüche zwischenzeitlich verjährt seien. Nachdem das Landgericht die Klage noch wegen Verjährung abgelehnt hatte, war das Oberlandesgericht (OLG) der Ansicht, dass dem nicht so sei. Die zentrale Frage, die der BGH nun zu klären hatte, war die, wann der Pflichtteilsanspruch eines nichtehelichen Kindes entsteht, dessen Vaterschaft erst nach dem Tod gerichtlich festgestellt wird. Kraft Gesetzes verhält es sich so, dass die Rechtswirkungen einer Vaterschaft erst bestehen, wenn diese gerichtlich festgestellt worden ist. Die Tochter war daher der Ansicht, dass sie einen Pflichtteil erst verlangen konnte, nachdem gerichtlich feststand, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Daher könne auch eine Verjährung vor diesem Zeitpunkt nicht eintreten.
Dieser Ansicht schloss sich der BGH hingegen nicht an. Die gesetzliche Rechtsausübungssperre hindert nur die erfolgreiche Durchsetzung eines Anspruchs - nicht aber das rechtliche Entstehen. Für die Verjährung von Ansprüchen kommt es aber gerade auf deren Entstehen an und nicht auf die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Ferner erfordert der Eintritt der Verjährung auch Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Tatsachen, die einen Anspruch begründen können. Diese Kenntnis hatte die Tochter erst mit Abschluss des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens. Ob sie eventuell schon zu einem vorherigen Zeitpunkt hätte Kenntnis erlangen können, konnte der BGH nicht entscheiden, weshalb er das Verfahren an das OLG zurückverwiesen hat.
Hinweis: Die Rechtsausübungssperre bis zum Abschluss der Vaterschaftsfeststellung führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung.
Quelle: BGH, Urt. v. 12.03.2025 - IV ZR 88/24
Anfechtung erfolglos Erbschaftsausschlagung hat bei ...
Die Erbschaft geht auf den Erben kraft Gesetzes über. Will ein Erbe dies verhindern, besteht die Möglichkeit, sie auszuschlagen. Ist die Ausschlagung erfolgt, kann sie nur in sehr engen Grenzen angefochten werden, beispielsweise wenn der Ausschlagende sich bezüglich einer Überschuldung geirrt hat. Eine solche Konstellation war auch Gegenstand einer Entscheidung des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG).
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<P>Die Erbschaft geht auf den Erben kraft Gesetzes über. Will ein Erbe dies verhindern, besteht die Möglichkeit, sie auszuschlagen. Ist die Ausschlagung erfolgt, kann sie nur in sehr engen Grenzen angefochten werden, beispielsweise wenn der Ausschlagende sich bezüglich einer Überschuldung geirrt hat. Eine solche Konstellation war auch Gegenstand einer Entscheidung des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG).</P> <P>Der Erblasser war im August 2021 verstorben. Unmittelbar nach dem Tod schlugen mehrere Kinder sowie weitere Abkömmlinge des Erblassers die Erbschaft aus. Die Tochter des Erblassers begründete dies unter Berufung auf "Schulden/private Gründe". Einen Monat nach der Ausschlagungserklärung erklärte sie jedoch die Anfechtung der Ausschlagung und begründete diese damit, dass sie irrtümlich von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen sei. Diese Annahme habe sie aufgrund einer Äußerung ihres Bruders getroffen, wonach der Erblasser kein Vermögen hinterlassen habe. Erst später habe sie durch eigene Recherchen festgestellt, dass der Erblasser bis zu seinem Tod in einem eigenen Haus gelebt habe.</P> <P>In dem folgenden Erbscheinsverfahren stellte das OLG fest, dass die Tochter keine wirksame Anfechtung ihrer Ausschlagungserklärung abgegeben hatte. Voraussetzung für eine solche Anfechtungserklärung ist ein beachtlicher Irrtum - beispielsweise aufgrund einer unrichtigen Vorstellung über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses. Diese Fehlvorstellung muss aber auf für den Erklärenden zugänglichen Informationen beruhen. Eine bloße spekulative Einschätzung oder eine pauschale Befürchtung, der Nachlass könne überschuldet sein, reiche hierfür nicht aus. Die Tochter habe nicht aufgrund von konkreten Aussagen oder überprüfbaren Tatsachen die Ausschlagung der Erbschaft erklärt, sondern vielmehr aufgrund von vagen Annahmen bzw. pauschalen Vermutungen die Erklärung abgegeben. Dies sei als Grundannahme für einen Irrtum im rechtlichen Sinn nicht ausreichend.</P> <P>Hinweis: Sowohl vor Erklärung einer Ausschlagung als auch vor der Erklärung einer Anfechtung dieser Ausschlagung müssen ernsthafte Bemühungen unternommen werden, den tatsächlichen Bestand des Nachlasses zu ermitteln.</P> <br/><em class="quelle">Quelle: Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschl. v. 07.03.2025 - 8 W 20/24</em>
EU-Erbrechtsverordnung Ohne Anerkennungsverfahren keine Bescheinigung
Die zunehmende Mobilität der Menschen innerhalb der Europäischen Union (EU) bringt auch im Erbrecht komplexe grenzüberschreitende Sachverhalte mit sich. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die das internationale Erbrecht innerhalb der EU vereinheitlichen und erleichtern soll. Dass damit nicht alle formalen Verfahrensweisen obsolet werden, musste der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich bestätigen.
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<P>Die zunehmende Mobilität der Menschen innerhalb der Europäischen Union (EU) bringt auch im Erbrecht komplexe grenzüberschreitende Sachverhalte mit sich. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die das internationale Erbrecht innerhalb der EU vereinheitlichen und erleichtern soll. Dass damit nicht alle formalen Verfahrensweisen obsolet werden, musste der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich bestätigen.</P> <P>Die Erblasserin war sowohl polnische als auch deutsche Staatsangehörige mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und hinterließ zwei Söhne als gesetzliche Erben. Das Nachlassgericht stellte auf Antrag die erbrechtlichen Voraussetzungen fest und erteilte im März 2022 einen gemeinschaftlichen Erbschein, wonach beide Söhne jeweils zur Hälfte Erben wurden. Zum Nachlass gehörte auch ein Grundstück in Polen, das zwischenzeitlich verkauft wurde. Um diesen Verkauf im polnischen Grundbuch wirksam zu dokumentieren, beantragte ein Erbe beim Nachlassgericht die Erteilung einer Bescheinigung nach der EuErbVO, um die Wirkungen und die Bestandskraft des deutschen Erbscheins im polnischen Recht zu belegen. Dabei war zu klären, ob ein deutscher Erbschein durch eine solche Bescheinigung für Zwecke des polnischen Grundbuchverfahrens erteilt werden kann - und zwar, ohne dass ein förmliches Anerkennungsverfahren nach der EuErbVO geführt werden muss.</P> <P>Die EuErbVO regelt auch die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Erbsachen sowie die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Einer Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist und in einem anderen anerkannt oder vollstreckt werden soll, ist eine bestimmte Bescheinigung beizufügen. Diese soll unter anderem die Voraussetzungen und die Art der Entscheidung bestätigen und damit das Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat erleichtern. Strittig war allerdings, ob und wann diese Bescheinigung auch für deutsche Erbscheine ausgestellt werden kann, insbesondere wenn - wie hier - keine formelle Anerkennung, sondern lediglich ein praktischer Nachweis gegenüber einem ausländischen Grundbuchgericht beabsichtigt ist.</P> <P>Der BGH bestätigte die ablehnenden Entscheidungen der Vorinstanzen und stellte fest, dass ohne ein Anerkennungsverfahren keine Verpflichtung besteht, eine Bescheinigung zu erteilen. Der Antragsteller beabsichtige lediglich, mit der Bescheinigung die Wirkungen eines deutschen Erbscheins im polnischen Grundbuch zu dokumentieren. Die Ausstellung einer solchen Bescheinigung setzt aber ein konkretes gerichtliches Verfahren voraus, in dem die Entscheidung nach den Bestimmungen der EuErbVO anerkannt oder für vollstreckbar erklärt werden soll.</P> <P>Hinweis: Mit seiner Entscheidung bestätigt der BGH die enge Zweckbindung der Bescheinigung (Art. 46 Abs. 3 Buchst. b EuErbVO). Diese dient ausschließlich der rechtlichen Anerkennung oder Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in grenzüberschreitenden Fällen.</P> <br/><em class="quelle">Quelle: BGH, Beschl. v. 19.03.2025 - IV ZB 19/24</em>
Gesamtwürdigung aller Umstände Zuständigkeit des ...
Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts orientiert sich am gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Todeszeitpunkt. Im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) ging es um die konkrete Frage, ob der Aufenthalt eines Erblassers in einem Hospiz seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründen könne, obwohl seine nach wie vor vorhandene Wohnung erst nach seinem Tod aufgelöst wurde.
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<P>Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts orientiert sich am gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Todeszeitpunkt. Im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) ging es um die konkrete Frage, ob der Aufenthalt eines Erblassers in einem Hospiz seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründen könne, obwohl seine nach wie vor vorhandene Wohnung erst nach seinem Tod aufgelöst wurde.</P> <P>Der im Jahr 2022 verstorbene ledige und kinderlose Erblasser lebte seit zehn Jahren in einer eigenen Wohnung, die auch erst nach seinem Tod aufgelöst wurde. Etwa drei Monate vor seinem Tod wurde der Erblasser auf eigenen Wunsch hin von einem Krankenhaus in ein Hospiz verlegt. Aus seinem Antrag auf stationäre Hospizpflege ging hervor, dass sowohl seine Eltern als auch seine Lebensgefährtin in dem Ort lebten, in dem sich auch das Hospiz befand. Die Verlegung erfolgte mit ausdrücklicher Begründung einer psychosozialen Begleitung durch die Angehörigen. Nach dem Tod des Mannes leitete das zunächst angerufene Nachlassgericht des ursprünglichen Wohnorts des Erblassers das Verfahren zuständigkeitshalber an das zuständige Nachlassgericht weiter, das in dem Gebiet des Hospizes lag. Von dort aus wurde schließlich auch ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt. In der Folge entstand jedoch ein Streit über die Frage, ob der Erbschein vom zuständigen Gericht erteilt wurde, und falls nicht, ob er wegen Unrichtigkeit einzuziehen sei.</P> <P>Das OLG stellte bei seiner Entscheidung über den gewöhnlichen Aufenthalt die Lebensumstände des Erblassers in den letzten Jahren sowie im Zeitpunkt seines Todes in den Fokus. Für die Bewertung eines gewöhnlichen Aufenthalts spielen unter anderem die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts, die persönliche Bindung, Gründe für den Aufenthalt, ein subjektiver Aufenthaltswille und das soziale und kulturelle Umfeld eine entscheidende Rolle. Das Gericht stellte klar, dass es für die Beantwortung der Frage nach einem gewöhnlichen Aufenthalt keine bestimmte Mindestdauer gebe. Bedeutsamer sei die Intensität der sozialen Einbindung in das Umfeld. Bei einer Unterbringung in einem Hospiz sei es so, dass der bloße Wechsel nicht automatisch einen gewöhnlichen Aufenthalt begründe. Entscheidend sei vielmehr die Gesamtwürdigung aller Umstände, wobei hier insbesondere eine Rolle spielte, dass der Erblasser sich bewusst für ein Hospiz in der Nähe seiner Eltern entschieden habe und sein Wunsch durch die Begleitung durch Angehörige dokumentiert sei. Das Hospiz lag zudem im Herkunftsort des Erblassers, was für eine Rückkehr zu einem vertrauten sozialen Umfeld sprach. Der Umstand, dass die eigene Wohnung nicht aufgelöst worden sei, ist daher nicht entscheidend, da es keinen Hinweis gegeben habe, dass der Erblasser eine Rückkehr nach dorthin in Erwägung gezogen habe.</P> <P>Hinweis: Eine nur vorübergehende Unterbringung in einem Krankenhaus führt in der Regel nicht zu einer Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts.</P> <br/><em class="quelle">Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 17.03.2025 - 3 Wx 65/24</em>
Vertragsmäßige Verfügung Folgen der Erbeinsetzung ...
Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) hatte sich im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbeinsetzung, die im Vorfeld einer Eheschließung zugunsten der Stieftochter des Erblassers getroffen wurde, auch nach der Scheidung der Ehe noch Bestand hat.
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<P>Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) hatte sich im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbeinsetzung, die im Vorfeld einer Eheschließung zugunsten der Stieftochter des Erblassers getroffen wurde, auch nach der Scheidung der Ehe noch Bestand hat.</P> <P>Der im Jahr 2023 verstorbene Erblasser war geschieden und kinderlos. Im Jahr 1990 hatte er vor einer damals beabsichtigten Eheschließung mit seiner späteren Ehefrau einen notariellen Ehe- und Erbvertrag abgeschlossen und in diesem Vertrag die Tochter seiner zukünftigen Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Der Erblasser behielt sich in der Urkunde ein jederzeitiges Rücktrittsrecht vom Erbvertrag vor. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden - von seinem vertraglichen Rücktrittsrecht hat der Erblasser dennoch keinen Gebrauch gemacht. Die Stieftochter des Erblassers war nach dessen Tod daher auch der Ansicht, dass die Erbeinsetzung nach wie vor gültig sei, und trat einem Erbscheinsantrag einer gesetzlichen Erbin damit entgegen.</P> <P>Nachdem das Nachlassgericht der Ansicht war, dass die Erbeinsetzung noch Gültigkeit habe, hob das OLG diese Entscheidung auf. Für das OLG war zunächst entscheidend, dass es sich bei der notariellen Vereinbarung um eine "vertragsmäßige Verfügung" gehandelt habe. Hieraus ergebe sich eine gegenseitige Bindung der Vertragsparteien. Für derartige vertragsgemäße Zuwendungen gelten dann in der Konsequenz aber auch die Vorschriften über die Unwirksamkeit von letztwilligen Verfügungen bei Auflösung der Ehe. Die Scheidung des Erblassers hatte daher zur Konsequenz, dass auch die Einsetzung der Stieftochter als Alleinerbin unwirksam geworden ist.</P> <P>Hinweis: Eine Unwirksamkeit der Verfügung liegt nicht vor, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch im Fall der Unwirksamkeit getroffen hätte. Hierfür bedarf es aber konkreter Feststellungen zum Willen des Erblassers.<br/> <br/> <br/></P> <br/><em class="quelle">Quelle: Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.03.2025 - 8 W 19/24</em>
Fristversäumnis oder nicht Wann die ...
Pflichtteilsansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat. Auf welchen Zeitpunkt für eine Verjährung in den Fällen abzustellen ist, in denen ein Abkömmling erst nach dem Tod des Erblassers Kenntnis von der Abstammung erhält, beschäftigte vor kurzem den Bundesgerichtshof (BGH).
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<P>Pflichtteilsansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat. Auf welchen Zeitpunkt für eine Verjährung in den Fällen abzustellen ist, in denen ein Abkömmling erst nach dem Tod des Erblassers Kenntnis von der Abstammung erhält, beschäftigte vor kurzem den Bundesgerichtshof (BGH).</P> <P>Die Klägerin in dem Verfahren war die nichteheliche Tochter des im Jahr 2017 verstorbenen Erblassers. Dieser hatte in einem notariellen Testament seinen eingetragenen Lebenspartner zum Alleinerben bestimmt. Die Klägerin, die im Jahr 2017 vom Tod des Erblassers erfahren hatte, leitete im Mai 2022 ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren ein, das noch im selbenJahr mit der Feststellung endete, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Im Anschluss verlangte sie von dem Erben Auskunft über den Nachlass zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen. Der Erbe war jedoch der Ansicht, dass die Ansprüche zwischenzeitlich verjährt seien. Nachdem das Landgericht die Klage noch wegen Verjährung abgelehnt hatte, war das Oberlandesgericht (OLG) der Ansicht, dass dem nicht so sei. Die zentrale Frage, die der BGH nun zu klären hatte, war die, wann der Pflichtteilsanspruch eines nichtehelichen Kindes entsteht, dessen Vaterschaft erst nach dem Tod gerichtlich festgestellt wird. Kraft Gesetzes verhält es sich so, dass die Rechtswirkungen einer Vaterschaft erst bestehen, wenn diese gerichtlich festgestellt worden ist. Die Tochter war daher der Ansicht, dass sie einen Pflichtteil erst verlangen konnte, nachdem gerichtlich feststand, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Daher könne auch eine Verjährung vor diesem Zeitpunkt nicht eintreten.</P> <P>Dieser Ansicht schloss sich der BGH hingegen nicht an. Die gesetzliche Rechtsausübungssperre hindert nur die erfolgreiche Durchsetzung eines Anspruchs - nicht aber das rechtliche Entstehen. Für die Verjährung von Ansprüchen kommt es aber gerade auf deren Entstehen an und nicht auf die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Ferner erfordert der Eintritt der Verjährung auch Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Tatsachen, die einen Anspruch begründen können. Diese Kenntnis hatte die Tochter erst mit Abschluss des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens. Ob sie eventuell schon zu einem vorherigen Zeitpunkt hätte Kenntnis erlangen können, konnte der BGH nicht entscheiden, weshalb er das Verfahren an das OLG zurückverwiesen hat.</P> <P>Hinweis: Die Rechtsausübungssperre bis zum Abschluss der Vaterschaftsfeststellung führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung.</P> <br/><em class="quelle">Quelle: BGH, Urt. v. 12.03.2025 - IV ZR 88/24</em>